Die GAINAMP Verstärkerserie

Nachdem in diesem Jahr die ausserhäusigen Freizeitaktivitäten doch eher nur eingeschränkt möglich waren, habe ich mich wieder mal ein wenig in die Elektronik gestürzt.
Bereits vor 5 Jahren habe ich damit angefangen, eine eigene Variante des Gaincard Verstärkers von 47Lab zu bauen, im Netz gemeinhin als Gainclone bekannt.
Alles, was ich bis dahin über diese Verstärker auf Basis des LM3886 bzw. LM3175 gelesen habe, schienen das Projekt lohnenswert zu machen.

Wobei ich den zahllosen Nachbauten des Gaincard Verstärkers durchaus mehr zutraue als dem viel zu sehr mit High End Gesabbel gelobten "Original".
Man muß sich nur mal den inneren Aufbau des Gaincards bei 6Moons ansehen, dann graust es einem - außen hui mit zentimeterdicken Aluplatten und innen pfui mit Klingeldraht und Pertinaxplatinchen.
Echt gruselig -
meine Meinung!

Wir entwickeln in der Firma ja Meßgeräte für die Industrie. Wenn da so ein Drahtverhau wie beim Gaincard abgeliefert würde, wäre unser Unternehmen ganz schnell weg vom Fenster
Aber im High End Bereich geht sowas ja leider, auch zum Schaden der Hersteller, die wirklich saubere Arbeit machen..

Natürlich hatte ich meine eigenen Vorstellungen vom Aufbau, es sollten auf jeden Fall Monoendstufen und ein separater Vorverstärker werden.
Gesagt getan, nach ein paar Wochen standen die ersten Prototypen zur Hörprobe bereit.
Doch nicht lange - der Vorverstärkerprototyp verabschiedete sich sehr schnell in ein japanisches Restaurant in Köln, der Besitzer fand den Klang so gut, daß er bis heute dort die ganze Beschallung regelt.

Prototyp in der Restaurantbeschallung


Die Endstufenprototypen wurden in der Folgezeit von mir als leicht zu transportierende Arbeitsgeräte bei verschiedenen Hörtests bei Freunden und Bekannten eingesetzt.
Dabei sagt viel schon aus, daß die kleinen "Gainclones" trotz ihrer vergleichsweise geringen Leistung keine Angst vor großen Lautsprechern oder anderen Verstärkern haben mußten.
Dann habe ich mir ja vor einiger Zeit für meinen Kopfhörer ebenfalls einen Verstärker gebaut, der dann auch in das gleiche Gehäuse eingezogen ist, welches auch die Gainclones haben.

Und dieses Jahr habe ich dann endlich die Schaltungstechnik aller Verstärker noch mal überarbeitet und zusätzlich noch einen Phonoverstärker für MM und MC Systeme entwickelt.

Verstärkerplatinen vom Chinesen

Phonoplatine

Hinzu kam, daß ich endlich einen guten und preiswürdigen Lieferanten für die Leiterplatten gefunden habe, sonst wären diese Geräte bei den kleinen Stückzahlen schlicht unbezahlbar.
JaJa, ich weiß - gerade im High End Bereich wurde das Wörtchen unbezahlbar aus dem Vokabular gestrichen.
Da werden selbst Lautsprecher für eine halbe Million Euro als "Preiswert" bezeichnet...
Aber das ist ein anderes Thema.

Zu den einzelnen Geräten

GAINHEAD II

Der Kopfhörerverstärker GAINHEAD II ist ja schon etwas länger im Einsatz und alle, die ihn bis jetzt gehört haben, waren sehr davon angetan.
Zur Technik:
Eingangsverstärker mit den OPs aus der Sound Plus Reihe von TI/Burr Brown.
Ausgangsstufe in Class A ohne Überallesgegenkopplung.

Es steht mehr als genug Leistung auch für niederohmige Kopfhörer a la Audeze LCD-2 oder Hifiman Sundara zur Verfügung.
Eher kommen die eigenen Trommelfelle an die Grenzen.
Weiterhin wurde ein Durchschleifbetrieb realisiert.
Wird der GAINHEAD II ausgeschaltet, dann wird das Eingangssignal direkt auf die Ausgangscinchbuchen gelegt,
so das daran direkt die Endstufen angeschlossen werden können.
Bei Einschalten des GAINHEAD II werden dann die Endstufen automatisch stummgeschaltet.

Gainhead II

GAINPRE II

Der Vorverstärker GAINPRE II hat 3 Line Eingänge, einen Ausgang und eine Mikroprozessorgesteuerte Schaltlogik und Lautstärkeeinstellung. Über einen Taster an der Frontplatte können die einzelnen Eingänge der Reihe nach durchgeschaltet werden, über die Infrarot Fernbedienung ist auch Stummschaltung und Lautstärkeeinstellung möglich.

Gainpre II

GAINPHONO II

Der Phonovorverstärker GAINPHONO II kann zwischen MM und MC Verstärkung umgeschaltet werden, für die Anpassung an verschiedene Tonabnehmer
stehen verschiedene Eingangsimpedanzen zur Verfügung, über einen extra Steckplatz können auch Sonderwiderstände eingesetzt werden.
Das Netzteil des GAINPHONO II ist separat in einem eigenen Gehäuse untergebracht.

Gainphono II

GAINAMP II

Beim Monoendverstärker GAINAMP II wurde die eigentliche Schaltung auf einer eher kleinen Platine realisiert um kurze Signalwege und noch viel wichtiger, kurze Versorgungswege der Netzteilelkos zum Verstärkerchip zu haben.
Die Schaltung ist bis auf leichte Ergänzungen an die offiziellen Schaltungsempfehlungen von National Semiconductor angelehnt, weil diese von allen Varianten, die auch im Netz kreisen, den ausgeglichensten Klangcharakter aufweist.
Im Netzteil wurden hochwertige Panasonic LOW-ESR Elkos mit niedrigem Innenwiderstand und höherer Temperaturklasse (105°C) eingesetzt.

Gainamp II

Zwei Platinen im Huckepack

Die Verstärkerplatinen wurden so ausgelegt, daß man mehrere auch übereinander schrauben kann, z.B. für Aktivboxen

Zur Schaltungstechnik im allgemeinen:
Natürlich wurden an allen klanglich relevanten Stellen nur hochwertige, auf den Oberschenkeln von hawaiianischen Jungfrauen gerollte Bambuskondensatoren verwendet…QUATSCH!
Die verwendeten Verstärkungsschaltungen sind keine hochgeheime Raketenwissenschaft, sondern normale Standardschaltungen, die vernünftig an die jeweilige Aufgabe angepasst wurden.
Im Gegensatz zu dem viel-hilft-viel Orgien gängiger High End Hersteller habe ich bei der Schaltungskonzeption ein Augenmerk auf sinnvoll gefilterte Versorgungsspannungen mit echten Tiefpässen in den einzelnen Zweigen gelegt.
So werden eventuelle Brumm oder Störspannungen bereits kurz unterhalb der unteren Wiedergabefrequenz geblockt.
Auch die verschiedenen Kondensatorarten (Keramik, Folie) sind angepasst an die jeweilige Funktion ausgewählt worden.
Gerade hier bringt es nichts, irgendeinen gut beleumundeten Typ oder Hersteller pauschal einzusetzen, sondern man sollte den Kondensator sorgfältig nach der Funktion auszuwählen.
Genauso sind die eingesetzten Trafos nicht hoffnungslos überdimensioniert, sondern so ausgelegt, daß im Arbeitsbereich ausreichend Reserven zur Verfügung stehen - aber auch nur so groß, daß nicht unnötig große Magnetfelder der Trafo der Elektronik das Leben schwermachen.

Interessant in diesem Zusammenhang ist, daß gerade viele Phonoverstärker, die mit ähnlichen Schaltkreisen aufgebaut sind,
gerade einmal insgesamt max. 15 bis 20mA Strombedarf unter ungünstigsten Bedingungen haben.
Meist hat sogar die Power LED den größeren Strombedarf!
Aber gerade für solche Verstärker werden dann als Option Zusatznetzteile mit 2-3 Ampere Stromlieferfähigkeit angeboten.
Die dann auch noch aufwendiger gesiebt werden müssen, um an die gleiche Qualität des "kleinen" Netzteils heranzureichen…
Und das soll dann besser klingen - wahrscheinlich nur die Euros in der Kasse des Verkäufers?
Und natürlich haben die entsprechenden Zeitschriften dann auch Gelegenheit, diese "Upgrades" für den Hersteller günstig über den grünen Klee zu loben.
Ich habe das auch ausprobiert, speziell beim Phonoverstärker ist der Vergleich durch das externe Netzteil ja am einfachsten durchzuführen.
Aber so sehr ich es mir auch eingeredet habe - einen wirklichen Unterschied konnte ich nicht heraushören.
Was man allerdings wirklich hören konnte, waren die Unterschiede der verschiedenen Operationsverstärker ICs.
Wohlgemerkt - ich spreche hier von einem Hersteller, alle verglichenen OPs stammen aus der Sound Plus Serie von Burr Brown.
Von den technischen Daten her waren alle Ops jenseits von Gut und Böse, aber es ließen sich tatsächliche hörbare Unterschiede ausmachen.
Zusammen mit meinem Weib haben wir dann die für uns am besten klingenden Bausteine ausgesucht.

Jetzt noch einige Basisdaten:


GAINPHONO II
Eingangsimpedanzen: 100/470/47K Ohm + 1Steckplatz universal
Verstärkung: MC = 54dB / MM = 33 dB
Frequenzgang 20Hz bis 20Khz ± 0,5dB

GAINPRE II
Eingangsimpedanz: 47K Ohm
Verstärkung 15dB
Ausgangsimpedanz : 100Ohm
Frequenzgang 4 Hz bis >250Khz - 3dB

GAINHEAD II
Eingangsimpedanz: 50K Ohm
Ausgangsleistung:
1 W @ 8 Ohm
1 W @ 40 0hm
0,18 W @ 500 Ohm
Frequenzgang 3 Hz bis >250Khz - 3dB

GAINAMP II
Eingangsimpedanz: 47K Ohm
Verstärkung: 27dB
Eingangsempfindlichkeit für Vollaussteuerung 0,75V
Ausgangsleistung:
40 W @ 8 Ohm bei 1% THD
56 W @ 4 Ohm bei 1% THD
Frequenzgang 9 Hz bis >250Khz - 3dB